Schreiben: Die Akte SchleTaZ

Oder auch: Warum mir ein bestimmtes Schreibprojekt eine Herzensangelegenheit war, ist und wohl auch bleibt.

Ich bin im Jahr 1990 geboren und habe daher auch einen äußerst signifikanten Teil meiner Kindheit entsprechend auch in den 90ern und frühen 2000ern verbracht. Interessanterweise habe ich in einem recht jungen Alter schon Bekanntschaften mit einigen der damals gängigen komödiantisches Formate von Sat 1, RTL und Co. gemacht. Diese „Bekanntschaften“ haben mich und meinen Humor maßgeblich geprägt – ob das jetzt immer positiv zu sehen ist, sei mal dahingestellt.

Fakt ist, dass ich bereits mit 8 oder 9 Jahren voller Begeisterung „die Wochenshow“ verfolgt habe – meist in den sonntagvormittäglichen Wiederholungen, die irgendwann von 11 Uhr mittags oder noch früher liefen. Wenn man sich meist mit sich selbst beschäftigt und den Eltern nicht auf den Kranz gehen will und zudem die Möglichkeit hat, sich vor’n TV zu pflanzen… na ja, wie auch immer. Ich habe dieses Format einfach geliebt. Abgöttisch geliebt.

Natürlich habe ich diese Form der Nachrichtensatire und Sketch-Komödiantik (ich mag das Wort Comedy einfach nicht, sorry) nicht immer zu 100% verstanden, was logisch ist, war ich doch schließlich noch in sehr frühen Entwicklungsphasen meines Lebens. Fakt ist aber, dass ich das total toll fand, was ich da sah und es in mir im Jahre 2002 echt ein wahnsinniges LOCH hinterlassen hat, als es hieß, dass diese Sendung abgesetzt wird. Was tut man also in so einer Situation mit 11 bis 12 Jahren? Keine Ahnung, was „normale“ 11- bis 12-jährige getan hätten. Ich weiß jedoch, was ich getan habe: Als im November 2002 der „Steuersong (Las Kanzlern)“ von der Gerd Show rauskam (Nostalgiger und Vergessliche klicken am besten einmal auf diesen Link: Ohrwurmgefahr.), hatte ich so eine verrückte nach der anderen. Besagte Ideen habe ich in den kommenden Monaten bis zum Frühjahr 2003 in Form von 20 Sketchen runtergetippt, die alle nach dem Vorbild der Wochenshow geschrieben waren.

Ich erwähne den Steuersong vor allem deswegen, weil ich allein zu dem Thema drei Interview-Sketche geschrieben hatte. Einmal mit Schröder, einmal mit Merkel und ich meine auch einmal mit Stoiber als Gast. Das konnte man so wunderbar ausschlachten als Haufhängerthema eines Interviews. Ironie dabei: ich hatte mit 12 Jahren logischerweise natürlich null konkrete Peilung von Politik. Witzigerweise war das ziemlich belanglos gewesen, da mir die meisten Politiker ohnehin hauptsächlich durch ihre Verballhornungen und Parodien zu diesem Zeitpunkt bekannt waren. Und so habe ich sie dann auch schriftlich dargestellt. Jedenfalls… Am Ende war ich auf eine stolze Zahl von 20 Sketchen gekommen, von denen andere Fans, die ich online kannte, durchaus meinten, sie wären dem Original nahe und es sei ja scheide, dass die Sendung weg sei, sonst hätt ich das ja mal zum Spaß einschicken können. Tja, Pustekuchen halt.

Dummerweise besitze ich diese 20 Sketche nicht mehr. Ich besitze lediglich einige Lückenhafte Erinnerungen, sowie sehr lebendige Erinnerungsepisoden, wenn ich daran zurückdenke, dass ich mit meiner damaligen besten Schulfreundin einige dieser Sketche sogar vor der Klasse vorgespielt hatte.

Als ich 2003 nach der sechsten Klasse umgezogen bin und in einer komplett neue Klasse kam, war ich gerade auf so einer leicht naiven, aber euphorischen Welle des „ich möchte humorvoll andere Leute unterhalten, weil’s einfach geil ist!“. Tja, zu dumm nur, dass diese Euphorie schnell gebremst wurde durch Mobbing und Co bis zum Abitur im Jahre 2009 durch.

Das Schreiben habe ich in dieser Zeit dennoch nicht abgelegt gehabt. 2004 bin ich von Onlinebekannten nach und nach an Forenrollenspiele herangeführt worden. Diesem Hobby gehe ich, mit einigen Pausenphasen hier und da, nach wie vor nach. In diesen 16 bis 17 Jahren in denen ich nun in diverse schriftliche Rollen Schlüpfe und als die unterschiedlichsten Charaktere Szenen bespiele, hat sich auch dieser für mich typische und eigensinnige Stil herausgebildet. Ich stelle die wilde Behauptung auf, dass mancher RPGler mit dem ich länger zu tun hatte, meine Ausdrucksweise vielleicht wiedererkennen könnte. Aber das ist ein gänzlich anderes Thema.

Was zur fickenden Hölle hat das jetzt eigentlich alles mit dem SchleTaZ zu tun? Tatsächlich mehr, als man vielleicht auf den ersten Blick hin glauben mag.

Als im Herbst 2019 Errydraven mir davon erzählte, er wolle eine FanFiction zu SchleFaZ (die Schlechtesten Filme aller Zeiten) schreiben, war ich ehrlich gesagt zunächst skeptisch, ob das überhaupt möglich ist. Ich bin ehrlich: ich hab’s für ein unmachbares Unterfangen gehalten. Vor allem für einen allein. Erry erzählte mir immer mehr darüber, was er so plante und gerade plotten würde. Eher durch den reinen Zufall hin hatte ich ihm, mehr zum Spaß und zur Belustigung, mal einen meiner damaligen RPG-Posts gezeigt. Ich hatte mich halt beömmelt, dass Peter Rütten’s Catchphrase „fickende Hölle!“ sich ganz still und heimlich in den Post mit reingeschlichen hatte, ohne das ich es gemerkt habe. Der Beitrag triefte auch nur so von Ironie, Sarkasmus und Zynismus – gut, wenn man bedenkt, dass der Charakter, den ich schrieb ein ziemliches Grummelchen von einem Vampir war, der als Pathologe tätig war, der schon wieder einen unangekündigten Praktikanten bekam, dann ist das auch kein wirkliches Wunder.

Dieser Post muss wohl einen derartigen Eindruck hinterlassen haben und für so derartig gut befunden worden sein, dass ich spontan gefragt wurde, ob ich nicht den Teil mit den Moderationen zum Film übernehmen möchte – aka, ob ich den Part und von Olli und Peter schreiben täte. Ich hatte schon zugesagt, noch ehe ich überhaupt vollständig realisiert hatte, was für eine Tragweite das für mein geschundenes und von Zweifeln zerfressenes Ego haben würde. Ich gestehe an dieser Stelle offen und ehrlich, dass ich zwischendurch panische Angst hatte, ich würde das Ganze komplett verkacken und nicht auf die Reihe bekommen.

Ich meine, es ist eine Sache, wenn man sich mal eben an einem Nachmittag drei Sketche in einem Anflug von frühpubertärer Naivität und Euphorie und voller Elan aus dem Ärmel schüttelt, ohne wirklich zu wissen, was für Leute da bei der Vorlage, dem Original eigentlich dahinter saßen und wie deren Erfahrungen aussahen – mal ganz abgesehen davon, dass ich, klein Blacky, damals so gar keinen Plan davon hatte, wie viele Autoren an einer Comedyshow eigentlich mitschreiben. Ich mein, wie viele Leute hatte der Schmidt für seine Late Night Show? Das feste Autorenteam lief doch schon im zweistelligen Bereich von etwa 15 bis 20 Leuten und dazu kamen dann noch frei fluktoierende, die gelegentlich mal ’nen Gag einwarfen, der dann entsprechend verbraten wurde.

Und dann sitzt du als kleine, Anträge eintippernde Sachbearbeiterin einer großen Versicherungsgesellschaft plötzlich vor deinem Word-Dokument und denkst einfach nur: „FUCK! Was hab ich nur getan?!“
Ich war von Zweifelns überrannt.
Ich hatte teilweise Probleme, wirklich einen Anfang zu finden.
Ich hatte lediglich eine sehr grobe Vorstellung davon, wie das vielleicht unter Umständen vollbracht wird, aus einem Trashfilm wirklich eine SchleFaZ-Folge zu schreiben.

Ich hatte wirklich Versagensängste noch und nöcher und irgendwie wollt ich Erry dann auch nicht hängen lassen. Irgendwie war diese Idee ja so absurd und Panne, dass das nur in zwei Richtungen gehen konnte: Entweder, man fährt die Kiste mit Karacho gegen die nächste Betonwand und bricht sich dabei das Genick oder…

…oder es wird sogar richtig geil. Wobei letzteres die geringere Wahrscheinlichkeit hat, da einfach sehr viele Komponenten und Eigenheiten zueinander passen müssen. Erry und ich kannten uns zu dem Zeitpunkt nur von Twitter und einigen Tweets zu SchleFaZ-Folgen und gelegentlichen samstäglichen Tele5-Abenden her, wenn dort gerade wieder die beste Grütze aus der Asylum-Konserve oder ähnliches lief. Es war also noch relativ unklar, ob wir zwei als Team überhaupt harmonieren, geschweige denn funktionieren würden. Wir haben es dennoch versucht.

Erry gab mir recht früh einige Eckdaten, wie eben den Filmtitel, den Produzenten, die Regie und die Darsteller, die er sich für seinen erfundenen Trashstreifen SUPER EARTH XTREME RANGERS vorstellen könnte in den jeweiligen Rollen der Protagonisten (deren Charakternamen ich logischerweise auch bekam). Und dann saß ich da und hab vor mich hingegrübelt. Wie fängt man das denn an? So ein SchleFaZ muss schon zu Beginn gewisse Wirkungen auf einen haben, damit man auch tatsächlich bereit ist, sich auf das kommende cinematografische Chaoskomplott einzulassen, welches einem da eventuell serviert wird.

Ich tat, was ich eigentlich auch im Foren-RPG tat. Dadurch, dass ich zu den Leuten gehöre, die sich nur selten einen kompletten eigenen Charakter ausdenken (einen OC, Originalcharacter halt) und stattdessen viel lieber in schon vorhandene Charaktere (Canoncharacters) schlüpfen, die in den Fandoms schon vorhanden sind, hab ich irgendwann die Macke entwickelt, mir die Serie oder den Film (oder das Buch) aus der/dem ich einen Chara übernehmen möchte, sehr oft anzusehen bzw. genau zu analysieren, wie der Charakter tickt um ihn möglichst gut zu treffen. In Bezug auf die Anfangsmoderation vom SchleTaZ – kurz für „schlechtestes Taschenbuch aller Zeiten“, btw – hab ich mir von 6 SchleFaZ-Folgen, von denen ich klar wusste, wer von beiden welche geschrieben hat (also, welche davon Olli-Folgen und welcher Päter-Folgen waren), die Anfangsmoderationen nacheinander gegeben, um irgendwie ein Gefühl dafür zu bekommen. Erste genauere Ideen hab ich irrsinnigerweise bei der Arbeit gesammelt, bevorzugt in der Mittagspause, wenn ich ausnahmsweise mal allein zum Mittag war. Ich hab diverse Notizen in ein extra dafür vorgesehenes Notizbuch geschmiert und dann zuhause versucht meine eigene Doktorenhandschrift wieder zu entziffern. Zum Glück mit Erfolg.

Die Anmoderation hab ich in zwei Durchgängen getippt. Als das Ding endlich fertig war, hab ich sie voller Furcht und Sorge und elendiger Selbstzweifel in einem Google-Docs hochgeladen und Erry das Ding zum lesen gegeben. Ich war mir zu 95% sicher, dass ich komplett verschissen und jede Erwartung maßlos enttäuscht hatte. Was ich dann als Kompliment zurückbekam, hat mich einfach vom Stuhl – bzw. vom Sofa – gehauen. Es läse sich, als hätte ich eine schon bestehende Moderation mitgeschrieben nach Gehör. Bäm. Selbstvertrauensboost mal 3000.

In den kommenden 6 Monaten schrieben/tippten wir uns also förmlich die Finger wund, zermaterten unsere Gehirne bis auf’s Äußerste und lasen kritisch den anderen jeweils gegen. Wir zogen uns Gegenseitig durch dieses irrsinnige, vollkommen verrückte Schreibprojekt durch. Der Film wurde getippt, während auch der SchleFaZ getippt wurde. Es entstand quasi beides nahezu parallel zueinander, was, wenn man es mal so betrachtet, echt wahnsinnig und gaga, um nicht zu sagen wogos ist. Ich wusste ab und an ungefähr, was mich erwarten würde im nächsten Filmviertel, wenn Erry mir grob den Plot verklickerte, aber die meiste Zeit saß ich relativ ahnungslos da und war immer wieder gespannt, was die jeweils nächste Szene so bringen würde.

Nach sechs Monaten stand die Rohe Form, die Erstversion des SchleTaZ. Es folgten drein weitere Arbeitsreiche Monate voller Korrekturen – danke Flood für die Hilfe – und grafischer Gestaltung – herzlichen Dank an den SchleFaZke an dieser Stelle, ohne deine Bilder wäre das ganze Ding nur halb so geil – und allem möglichen anderen Gedöns, was eben dazugehörte. Letzten Endes sind 96 Word-Seiten entstanden, die allesamt in jedem einzelnen Wörtchen eine Liebeserklärung an das Format SchleFaZ sind. Ich persönlich habe diese Zeit, so sehr sie mir manchmal auch die Nerven rauben wollte, wirklich extrem genossen. Ich hatte wieder dieses Gefühl von 2002, als ich anfing Wochenshowsketche zu schreiben. Ich hatte wieder dieses „Ich kann was!“-Gefühl. Das Gefühl, selbst unmögliches irgendwie möglich zu machen.

Ich bin mir sicher, dass der Umstand, dass ich einen sehr vielfältigen, aber speziellen Humor habe, durchaus hilfreich war bei diesem Projekt. Ebenso hilfreich war sicherlich auch meine Macke in Sachen Charakterwahl in Foren-Rollenspiele – ich bespiele nämlich zu 99,5% hauptsächlich männliche Charas, weil ich es als Frau einfach langweilig finde Frauen zu bespielen.

Ich meine… ja. Olli und Peter stellen sich selbst auch sehr überspitzt und karikaturesk in ihren „Rollenbildern“ bei SchleFaZ dar – Dennoch musste ich mich da ja irgendwie reindenken in die zwei Profis. Mach das mal, wenn du einem Fulltimejob mit Pendlerzeiten nachgehst, der vorn und hinten null mit deinem Hobby zu tun hat! (Ja, ich weiß, eine Studienkollegin von mir hat mal eben neben dem Studium einen Bestseller-Roman rausgehauen, nachdem sie schon zwei, drei Werke veröffentlich hatte, aber dennoch. Das Studileben ist auch nicht mehr so salopp und locker, wie man immer sagte…)

Ich kann zumindest sagen, dass ich durch dieses wirre Projekt, welches wir am 30.06.2020 in seiner Formvollendung auf die Twitter-/Onlinewelt losgelassen haben, unglaublich gewachsen bin. Ich hatte zwar zwischendurch das Gefühl, dass ich eventuell zu viel dafür tue, weil keiner drum gebeten hat, dass ich den Blog dafür aufsetze und mich mit durch’s Lektorat quäle und ähnliches, aber… ich tat es einfach gern., Weil es mir so unglaublich viel bedeutet. Weil es so unglaublich wundervolle Gefühle in mir wieder wachgerüttelt hat, von denen ich ursprünglich dachte, ich hätte sie mittlerweile komplett verloren.

Selbiges gilt übrigens auch für die Hörbuchversion. Eigentlich hatte ich das ja nur für eine meiner besten Freundinnen einsprechen wollen. Um ihr das Genießen zu erleichtern und weil sie mich freundlich durch die Blume hindurch drum gebeten hat. Ich spiele wahnsinnig gerne mit meiner Stimme und lese Texte gerne sehr lebendig vor. Dank der regelmäßigen Leserunde mit zwei Freunden lebe ich das gelegentlich ein wenig aus. Beim SchleTaZ hatte ich aber auch den Anspruch an mich selbst, aus diesem literarischen „Film“ ein richtiges Kopfkino machen zu wollen, allein mithilfe meiner Stimme. Ich wollte den platten Filmcharakteren irgendwie Leben einhauchen und das ausdrücken und aufbauen, was der Text an sich vielleicht nicht zu tun vermochte. Allein aus diesen Gründen war das auch schon wieder ein kleines Mammutprojekt. Deswegen gab ich mir letztendlich auch den Ruck, das Hörbuch für alle verfügbar zu machen.

Ich bin keine Profisprecherin und habe auch nie eine Ausbildung in der Richtung gemacht. Ich habe lediglich ein Faible für’s Radio beziehungsweise für Audiounterhaltung an sich. Ich halte mich selbst nicht gerade für eine brillante Schauspielerin, sondern sehe mich immer noch als einen absoluten Rookie, wenn überhaupt. Jedoch bin ich auch daran wieder mehr gewachsen und bin einfach froh, dass ich es tun konnte und mich nicht von den Zweifeln hab überrennen lassen, die mich sonst in so vielen Digen und Ideen einfach eiskalt ausbremsen und lähmen.

Ich bin ehrlich gesagt einfach froh darüber, dass ich Ende 2018 im SchleFaZ-Sumpf hängen geblieben bin und dabei ein Format gefunden habe, welches ich auf eine ähnliche Art und Weise lieben und schätzen lernte, wie es in meiner Kindheit eben die Wochenshow war.

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